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C-Print
Maße 50 x 50 cm, Auflage 7
1989/1991


Andrej Barov
PAPIER-WELT


TEXT: Ulrich Pohlmann, Leiter des Fotomuseums
im Münchner Stadtmuseum, München 1992

Ausgangspunkt ist die nonkonformistische Haltung des Künstlers gegenüber dem politischen System der ehemaligen Sowjetunion. ANDREJ BAROV (geboren 1958), der von 1976 bis 1981 eine Ausbildung an der theaterwissenschaftlichen Fakultät des Staatsinstituts für Theater, Musik und Kino in Leningrad absolvierte, arbeitete anschließend im Spielfilmstudio „Leninfilm“. Er konnte 1989 nach Deutschland übersiedeln. Hier begann er, sich intensiv mit dem Medium Fotografie zu beschäftigen. 1990 entstand die ausgestellte Bildserie „Papier-Welt“ mit 30 Fotografien, die an die Tradition des Surrealismus und der sowjetischen Agit-Prop-Plakate von Gustav Klucis, El Lissitzky und anderen anknüpften. Mit einem selbst entworfenen plastischen Modell inszenierte Barov seine Sicht auf die sowjetische Politik und Gesellschaft. Durch die Kombination von heterogenen Bildelementen aus der Geschichte Russlands wie stalinistischen Prunkbauten, Politikerporträts, Skulpturen und historischen Archivfotos entstand ein modellhafter Schau-Raum in den beherrschenden Farben Schwarz und Rot, dessen Szenarien an Theaterbühnen erinnern.
Barov greift auf ein Vokabular von Bildsymbolen zurück, deren expressive Wirkung durch die Perfektion der Inszenierung und durch die Bildtiefe verstärkt wird. In Anlehnung an die sowjetische Propaganda entwickelt der Künstler einen provokativ-ironischen Umgang mit dem Kult öffentlicher Denkmäler und repräsentativer staatlicher Gesten. Stalinistische und NS-Symbole werden durch Überhöhung karikiert. Eine Geschichte totalitärer Systeme wird auf einer Bühne „en miniature“ in immer neuen Variationen dargeboten und animiert uns, uns mit den Pathosformeln diktatorischer Regime wie in einem Revuetheater zu beschäftigen.
Der Zyklus „Papier-Welt“ ist gleichermaßen Zeugnis und Abrechnung mit der historischen Entwicklung der UdSSR, bevor sich der Staatenbund durch die Autonomiebestrebungen der Republiken aufzulösen begann. In ihrer konsequenten Ablehnung sämtlicher totalitärer Regime, ihrer Symbole und Repräsentanten bilanziert die Bildserie eine kollektive wie auch individuelle Entwicklung. „Papier-Welt“ wird zur Aufforderung, sich jeglicher politischer Entfremdung und Unmündigkeit zu entziehen.
dj-design